Palästina Solidarität Duisburg gegen Völkerverständigung?

Das Verbot gegen Palästina Solidarität Duisburg arbeitet kaum mit juristischer Beweisführung, sondern fast ausschließlich mit politischen Begründungen sowie Unterstellungen, Vorwürfen, Verdrehungen und Lügen. Wirklich juristisch sind vor allem zwei „Argumente“: 1. PSDU verstoße gegen die Völkerverständigung und daher auch 2. gegen die deutsche Verfassung.

Völkerfreundschaft und Völkerverständigung

Palästina Solidarität Duisburg hatte einen Grundkonsens, der öffentlich einzusehen und auch den Behörden bekannt war. Darin hieß es unmissverständlich:

„3. Wir lehnen jede Form von Rassismus und anderer menschenverachtender Ideologien ab: der Kampf gegen anti-palästinensischen, anti-arabischen und antimuslimischen Rassismus sowie gegen Antisemitismus (Rassismus gegen Juden) muss gemeinsam geführt werden.
4. Wir lehnen die Gleichsetzung von Juden, Israelis und Zionisten ab. Diese Gleichsetzung ist antisemitisch und/oder zionistisch.
5. Wir stehen für internationale Solidarität und Geschwisterlichkeit und gegen Spaltung entlang nationaler, ethnischer, religiöser und sonstiger Zugehörigkeit.“[1]

Dieses internationalistische und antirassistische Selbstverständnis wurde auf vielfältige Weise in die Praxis umgesetzt: Zunächst einmal waren bei PSDU Menschen mit Wurzeln in verschiedenen Ländern Europas, Afrikas und Asiens, mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen und mit diversen Weltanschauungen aktiv. Publikationen, Treffen und Veranstaltungen der Gruppe waren auf Deutsch, Englisch, Arabisch, Türkisch, Hebräisch, Französisch usw., um allen eine Teilhabe zu ermöglichen.

Hinzu kommt, dass PSDU nicht nur an Aktionen zum Thema Palästina teilnahm, sondern u. a. auch an mehreren Kundgebungen gegen die AfD, einer Global South-Demo, einer Mahnwache für die Opfer des Hanau-Attentats, an verschiedenen Ostermärschen, an der Duisburger DGB-Demo zum 1. Mai, am Gedenken zum 8. Mai sowie an einer Aktion der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) zu Ehren in Duisburg ermordeter Zwangsarbeiter.[2]

Zudem stand PSDU im Kontakt mit zahlreichen Organisationen aus verschiedenen Teilen Deutschlands und der Welt, die häufig ebenfalls äußerst divers aufgestellt und teilweise auch dezidiert jüdisch waren (z. B. die Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden). Gemeinsam mit diesen Organisationen unterzeichnete PSDU u. a. verschiedene Aufrufe und Erklärungen sowie einen von PSDU selbst initiierten Offenen Brief gegen Rassismus an der Ruhr-Universität Bochum.

Bunte Truppe vs. Schreibtischtäter und Rassisten in Nadelstreifen

Auf der einen Seite haben wir also eine multinationale, multikulturelle und multireligiöse Gruppe, die sich internationalistisch, antirassistisch und antifaschistisch engagiert hat. Und auf der anderen Seite haben wir einen (für das PSDU-Verbot direkt verantwortlichen) NRW-Innenminister, der für mehr und schnellere Abschiebungen plädiert, während sein Parteinachwuchs offen für Massendeportationen von Migranten nach Afrika wirbt, und einen (ebenfalls für das PSDU-Verbot direkt verantwortlichen) Geheimdienst, der bekanntlich Neonazis finanziert und in rechte Terrornetzwerke verstrickt ist.

„Wut“ und „Hass“

Um die angebliche Gefährlichkeit von PSDU konkret zu belegen, behauptet die Verbotsverfügung, PSDU habe „Hass“ geschürt.

Besonders lächerlich ist dabei die Behauptung, PSDU habe „Hass und Gewalt in das Verhältnis von Israelis und Palästinensern hinein(getragen)“. Zunächst einmal ist es absurd, dass eine kleine, kaum ein Jahr bestehende lokale Gruppe aus Duisburg in der Lage gewesen sein soll, „Hass und Gewalt“ in einen Konflikt hineinzutragen, der seit über 100 Jahren etwa 4.000 km entfernt stattfindet. Der Krieg um Palästina hatte bereits Zehntausende Tote und Millionen Vertriebene gefordert, bevor PSDU sich 2023 überhaupt gegründet hatte.

Aber die Verfügung belässt es nicht bei diesem abstrusen Vorwurf. Sie behauptet auch, PSDU habe es sich zur Aufgabe gemacht, in Deutschland „die „Wut“ der Menschen weiter aufzuheizen“. Leider haben die Autoren der Verfügung hier wieder einmal Zitate bewusst verfälscht. Denn in Wirklichkeit hat PSDU nie gesagt, dass man die Wut von irgendwem habe anfeuern wollen. Die Rede war stets davon, keine Angst zu haben, die bereits bestehende und legitime Wut über den Genozid in Gaza und die deutsche Beihilfe zum Völkermord „laut, aber friedlich“ auf die Straße zu tragen.

Grundgesetz und Grundrechte

Abgesehen davon, dass PSDU sich aktiv für Völkerverständigung eingesetzt, ja selbst ein Ausdruck von Völkerverständigung war, und die berechtigte Wut vieler Menschen in Deutschland über die von Israel begangenen und von der Bundesregierung unterstützten Kriegsverbrechen in Gaza in legale Formen kanalisiert hat, hat sich PSDU auch anderweitig aktiv im Sinne des Grundgesetzes engagiert.

So hat sich die Gruppe nicht nur stets auf in der Verfassung und den Menschenrechten verankerte Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit berufen. PSDU hat sie auch aktiv verteidigt, indem die Gruppe sich gegen willkürliche und repressive Rechtsbeugungen und -verstöße vonseiten der Exekutive gestellt hat: Die Vereinigung hat stets öffentlich protestiert und immer wieder auch Klagen eingereicht, wenn die Polizei oder andere Behörden willkürlich – und nicht selten entgegen gerichtlicher Entscheidungen – Meinungsäußerungen oder Versammlungen zensiert oder verboten haben. Auch die Klage gegen das Verbot von PSDU ist ein weiterer solcher Schritt.

Damit hat sich die Gruppe immer wieder gegen autoritäre und antidemokratische Bestrebungen gestellt. Sie hat dadurch nicht nur ihre eigenen Interessen, sondern auch die demokratischen Grundrechte aller Menschen in diesem Land zu verteidigen versucht.


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Solidaritätserklärungen und -aktionen

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Johannes M. Becker gegen das Verbot von PSDU