OVG NRW hilft bei Verfahrensverzögerung

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW mit Sitz in Münster hat dem NRW-Innenministerium nun endlich eine Frist eingeräumt, um auf die Begründung der Eilklage gegen das Verbot von Palästina Solidarität Duisburg (PSDU) zu reagieren – und zwar bis zum 10. September! Das wurde der Anwältin der gegen das Verbot Klagenden heute mitgeteilt, wie das Komitee gegen das PSDU-Verbot soeben erfahren hat. Das ist ein weiterer Skandal und macht das Verfahren zunehmend zur Farce!

Zur Erinnerung:

Mutmaßlich seit Oktober 2023 bis einschließlich März 2024 sammelte das nordrhein-westfälische Innenministerium, darunter der Inlandsgeheimdienst Verfassungsschutz, vermeintliche Gründe, um PSDU verbieten zu können.[1] Am 16. Mai 2024 wurde das Verbot vollstreckt, die Wohnungen mehrerer ehemaliger PSDU-Aktivisten wurden durchsucht,[2] wobei ein Schaden von mehr als 25.000 Euro entstand.[3] Die rund 60 Seiten und mehr als 150 Anlagen umfassende Verbotsverfügung[4] wurde den Betroffenen übergeben. Sie hatten einen Monat Zeit, gegen das Verbot Klage einzureichen, die zahlreichen Lügen, Manipulationen und Unterstellungen des NRW-Innenministeriums aufzudecken und zu widerlegen und ein Eilverfahren gegen das PSDU-Verbot anzustrengen. All das haben sie geschafft. Am 16. Juni wurden die Klage und der Antrag auf ein Eilverfahren eingereicht.[5]

Ende Juli, also bereits 1,5 Monate später, hat dann das NRW-Innenministerium, das diese ganze rechtswidrige, skandalöse und nicht zuletzt teure Affäre erst angestoßen hat, vom OVG NRW verlangt, ihm bis Ende August Zeit einzuräumen, um auf die Begründung der Betroffenen für ihr Eilverfahren zu reagieren. Ein Ministerium, das hunderte hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt und das sich Monate lang auf diesen Fall vorbereitet hat, sah sich nicht in der Lage, innerhalb von 1,5 Monaten auch nur ein Statement zu diesem Fall abzugeben.

Wir als Komitee gegen das PSDU-Verbot haben bereits Ende Juli erklärt, dass es sich aus unserer Sicht um eine offensichtliche Verzögerungstaktik des Innenministeriums handelt.[6] Der Sinn eines Eilverfahrens ist es, offensichtliches oder auch nur mögliches Unrecht vorläufig aufzuheben, damit kein nachhaltiger Schaden angerichtet wird. Ein Teil des Schadens – finanziell und politisch – ist aber bereits angerichtet worden. Und offenkundig liegt ein möglichst großer Schaden bei der regionalen Palästinasolidaritätsbewegung gerade im Interesse des NRW-Innenministeriums. Daher ist seine Verzögerungstaktik logisch.

Verantwortung des Gerichts

Nun scheint es immer offensichtlicher, dass das OVG NRW diese Taktik unterstützt. Es besteht nämlich keine rechtliche Vorgabe, dass das Gericht neben der Verbotsverfügung, der Klage und der Antragsbegründung der Kläger auch noch ein Statement der Behörde einholt, die die Verbotsverfügung erlassen hat. Das OVG hat 120 Seiten Text sowie hunderte Seiten an Belegen vorliegen, auf deren Grundlage es entscheiden kann. Wir haben bereits auf den Fall des rechtsradikalen Compact-Magazins verwiesen: Das Verbot wurde nach weniger als einem Monat im Eilverfahren aufgehoben, das Bundesinnenministerium hatte lediglich 1,5 Wochen (!!) Zeit für ein Statement und selbst der Termin für das Hauptsacheverfahren steht bereits für Anfang 2025 fest.[7]

Dagegen hat die für das PSDU-Eilverfahren zuständige Richterin nun auch noch eine weitere Fristverlängerung genehmigt: Aus „Ende August“ wurde nun Mitte September. Damit besteht das PSDU-Verbot zu diesem Zeitpunkt – der ja noch kein erstinstanzliches Urteil bedeutet – dann bereits fast 4 Monate. Dem NRW-Innenministerium wird damit eine Frist von rund 3 Monaten eingeräumt. Das widerspricht dem Prinzip der Waffengleichheit und lässt an der Unabhängigkeit und Unbefangenheit des OVG NRW bzw. der zuständigen Richterin zweifeln.

[1] https://www.psdu-verbot.info/blog/verfassungsschutz-vs-psdu

[2] https://www.psdu-verbot.info/blog/bericht-hausdurchsuchungen-psdu

[3] https://www.gofundme.com/f/solidaritat-mit-palastina-ist-unser-recht?attribution_id=sl:9a2e92dc-a264-437c-a7ef-f8c1c72530ef&member=36490603&sharetype=teams&utm_campaign=natman_sharesheet_dash&utm_medium=customer&utm_source=native_options

[4] Hier nachzulesen: https://static1.squarespace.com/static/6666a7a4f7f14d12804609d1/t/6671d2473117cf236dcbb474/1718735447349/Verbotsverf%C3%BCgung-PSDU-geschw%C3%A4rzt.pdf

[5] Hier nachzulesen: https://static1.squarespace.com/static/6666a7a4f7f14d12804609d1/t/6671e5dda3552f2615947a3f/1718740447145/Klage-Eilverfahren-gegen-Verbot-PSDU.pdf

[6] https://www.psdu-verbot.info/blog/nrw-innenministerium-verschleppt-klage-gegen-das-psdu-verbot

[7] https://www.psdu-verbot.info/blog/compact-zeigt-was-mglich-istwenn-man-nicht-gegen-sondern-fr-rassismus-steht

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Verfahren gegen palästinasolidarische Demonstrantin in Duisburg eingestellt!

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Tobias Baumann (Freidenker Berlin) gegen das Verbot von PSDU